Arbeitsrecht: Mann darf Sportlehrer in Mädchenklasse sein – BAG gegen Diskriminierung

Sportlehrer klagt auf Schadenersatz: 13.500 € für Ablehnung seiner Bewerbung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 19.12.2019 (Az.: 8 AZR 2/19) entschieden, dass „auch die Sportlehrertätigkeit geschlechtsunabhängig zu sehen“ sei: „Einem allein wegen des Geschlechts abgelehnten männlichen Bewerber stehe daher eine Entschädigung zu“. Eine Schule dürfe demnach eine Stellenausschreibung nicht ausschließlich an eine weibliche Lehrkraft für den Sportunterricht richten – auch dann nicht, wenn der Lehrplan des betroffenen Bundeslandes „eine geschlechtsspezifische Erteilung des Sportunterrichts“ vorsehe.

Bayrischer Lehrplan diskriminierend? Waldorfschule lehnt Sportlehrer wegen Geschlecht ab

Im vorliegenden Fall hatte eine Waldorfschule im Raum Nürnberg im Jahr 2017 verschiedene Stellen ausgeschrieben, darunter ein – explizit nur an Frauen gerichtetes – Gesuch „Fachlehrerin Sport (w)“. Der Kläger bewarb sich auf diese Stelle und erhielt eine Ablehnung, die sich speziell auf sein „falsches“ Geschlecht berief. Dies empfand der seit 13 Jahren als Sportlehrer tätige Pädagoge, als diskriminierend und reichte Klage ein. Seine Argumentation: die Tätigkeit als Sportlehrer „sei völlig geschlechtsneutral“. Weiter erklärte er: „Folge man der Ansicht der Waldorfschule, dürfe es auch keinen männlichen Frauenarzt und keinen männlichen Masseur geben“. Aufgrund dieser Diskriminierung forderte er Schadenersatz in Höhe von 13.500 Euro.

Geschlechtsspezifische Stellenausschreibung: Nur in einigen Fällen per Gesetz erlaubt

Der Kläger berief sich auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG): „Hiernach ist eine Geldentschädigung zuzusprechen, wenn eine unzulässige Diskriminierung nach dem AGG erfolgt ist“. Dieser Schadenersatz kann in Höhe von bis zu drei Monatsgehältern angesetzt werden – dies gilt auch dann, wenn der Bewerber „aufgrund seiner objektiven Eignung nicht der am besten geeignete Bewerber gewesen und ohnehin nicht eingestellt worden wäre“. Das AGG gestattet eine geschlechtsspezifische Stellenausschreibung nur in ganz bestimmten Fällen: Ein Geschäft für Damendessous darf beispielsweise ausdrücklich nach einer Fachverkäuferin suchen.

Schule gewinnt in 2 Instanzen: Bundesarbeitsgericht jedoch auf Seiten des Klägers

Die betroffene Waldorfschule hielt gegen die Klage. Die Verantwortlichen erklärten, dass Sportlehrer auch „gegebenenfalls die Umkleideräume betreten“ müssten und dies „bei einer Mädchenklasse nur eine Frau“ tun könne. „Zudem gebiete der Lehrplan für bayrische Schulen eine geschlechtsspezifische Erteilung des Sportunterrichts … Hieran sei sie, die Waldorfschule gebunden, da andernfalls auch der Widerruf der Schulzulassung drohe.“ In den ersten beiden Instanzen wurde, der Argumentation der beklagten Schule folgend, die Entschädigungsklage des Sportlehrers abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sah den Fall jedoch anders: „Dem Kläger stehe dem Grunde nach eine Entschädigung nach dem AGG zu“. In der Pressemitteilung des BAG (Nr. 48/19) hieß es dazu: „Über die Höhe der Entschädigung könne der Senat aufgrund der bislang vom Landgericht getroffenen Feststellung nicht selbst entscheiden. Dies führe zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung“.

Fazit: Diskriminierung betrifft auch Männer – Betroffene haben Recht auf Schadenersatz

Dass eine Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt auch Männer betreffen kann, ist grundsätzlich klar. Arbeitgeber sind angehalten, jeden Menschen – unabhängig vom Geschlecht – bei der Stellenbesetzung ausschließlich auf die Qualifikation hin zu berücksichtigen. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zeigt eindeutig, dass auch Männer sich einer Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt nicht schutzlos ausgesetzt sehen müssen. Schadenersatzansprüche können selbstverständlich sowohl von Männern als auch von Frauen und natürlich auch von Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen, beansprucht werden. Das Team der BERND Rechtsanwälte berät Sie gern in allen Fragen zum Thema Arbeitsrecht. Wir setzen unsere Fachkompetenz für Sie ein und helfen Ihnen, zu Ihrem Recht zu kommen.