BGH klärt Rechtsfolgen des Widerrufs – Banken müssen Nutzungsersatz auf die volle Darlehensrate zahlen

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 22.09.2015 (Az.: XI ZR 116/15) klargestellt, was die Rechtsfolgen des Widerrufs eines Darlehensvertrages sind. Diese Frage wurde in den vergangenen Monaten in zahlreichen Verfahren von Richtern unterschiedlich beantwortet. So ging das Landgericht Bonn beispielsweise davon aus, dass dem Verbraucher nach dem Widerruf seiner Vertragserklärung kein Nutzungsersatz zustand – der Vorteil des Darlehensnehmers erschöpfte sich daher darauf, dass eine vorzeitige Ablösung des Darlehens möglich war.

Andere Gerichte sahen einen Anspruch auf Nutzungsersatz lediglich in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz als gegeben an, dies teils nicht einmal auf die vollständige Rate des Darlehensnehmers, die dieser monatlich an die Bank geleistet hat, sondern nur aus dem Zinsanteil. Argument hierfür: Der Tilgungsanteil sei lediglich Rückzahlung dessen, was der Darlehensgeber an den Darlehensnehmer ausgeliehen hat, dementsprechend also keine eigene Leistung des Darlehensnehmers. Dass der Darlehensnehmer auch den Tilgungsanteil zuvor durch seine Arbeit erwirtschaften musste, spielte für Gerichte, die entsprechend entschieden, keine Rolle.

In seinem Beschluss stellte der XI. Senat des Bundesgerichtshofs nun klar, dass Nutzungsersatz für den Darlehensnehmer, anders als die vorstehend beschriebene Rechtsprechung bisher meinte, auf die volle, den Zins- und Tilgungsanteil umfassende Darlehensrate von der Bank zu leisten ist. Für anderweitige Ansätze sollte demnach nunmehr kein Raum mehr sein.

Weiterhin verweist der Bundesgerichtshof abermals auf sein Urteil vom 10.03.2009 (Az.: XI ZR 33/08), aus dem sich entnehmen lässt, dass bei der Zahlung an eine Bank die tatsächliche Vermutung besteht, dass diese das erhaltene Geld so anlegen kann, dass sie Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ziehen kann. Damit erteilt der Bundesgerichtshof auch anderen Vorstellungen, die in der Rechtsprechung diskutiert werden, eine Absage.

Diese abweichenden Auffassungen wurden teils damit begründet, dass auch eine Bank lediglich einen Verzugszins von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszins gegenüber dem Darlehensnehmer geltend machen könne. Teilweise wurde zudem angeführt, dass es bei der derzeitigen Niedrigzinsphase unrealistisch sei, dass eine Bank Nutzungen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ziehen könne. Berücksichtigt man hierbei jedoch, dass der Bundesgerichtshof stets auf die Wiederanlagemöglichkeit der Bank abgestellt hat und Banken auch derzeit noch Dispositionskredite bis hinein in den zweistelligen Bereich vergeben, sind diese von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweichenden Meinungen nicht haltbar.

Zu den Ansprüchen einer Bank nach einem Widerruf nahm der Bundesgerichtshof ebenfalls Stellung. Diese kann neben der Rückzahlung der vollen Darlehenssumme einen Nutzungsersatz auf den jeweils noch offenen Darlehensbetrag verlangen. Die Höhe dieses Nutzungsersatzes richtet sich dabei, sofern kein niedrigerer Gebrauchsvorteil von dem Darlehensnehmer nachgewiesen wird, nach dem vertraglich vereinbarten Sollzins. Letztlich bedeutet dies, verrechnet man die gegenseitigen Ansprüche nach einem Widerruf, dass die Bank von dem Darlehensnehmer lediglich den noch offenen Darlehensbetrag abzüglich des Nutzungsersatzes, den der Darlehensnehmer beanspruchen kann, zu erhalten hat.

Schreckensszenarien, wie manch eine Bank sie verbreitet, dass die Bank noch über das bislang erlangte hinaus Ansprüche gegen den Verbraucher hat, dürften damit vom Tisch sein.