BGH: Widerrufsbelehrung der Sparkassen fehlerhaft! Kein Rechtsmissbrauch oder Verwirkung beim Widerruf!

Mit gleich zwei Aufsehen erregenden Urteilen (AZ: XI ZR 501/15; AZ: XI ZR 564/15) hat der BGH am 12.07.2016 zum einen die Widerrufsbelehrung der Sparkassen aus den Jahren 2002 bis 2008 für fehlerhaft erklärt, zum anderen sich klar gegen eine mögliche Verwirkung des Widerrufsrechts oder eine rechtsmissbräuchliche Ausübung ausgesprochen.

Die Entscheidung des BGH ist dabei besonders brisant, da die für fehlerhaft angesehene Widerrufsbelehrung in diesem Zeitraum von allen Sparkassen nahezu einheitlich im gesamten Bundesgebiet verwendet wurde und damit das Urteil auf (fast) alle Sparkassendarlehen und auch zum Teil auf Darlehen anderer Banken mit ähnlichen Belehrungen übertragbar ist. Die diesbezügliche Rechtsprechung der verschiedenen Land- und Oberlandesgerichte war bisher uneinheitlich, was sich nunmehr zugunsten der Darlehensnehmer ändern dürfte.

Der BGH stellte dabei folgendes klar:

„Die dem Darlehensvertrag beigegebene Widerrufsbelehrung, die dahin lautete, die Widerrufsfrist beginne „frühestens mit Erhalt der Belehrung“, belehrte den Kläger schon nicht hinreichend deutlich über den Beginn der Widerrufsfrist. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des vom Verordnungsgeber eingeführten Musters für die Widerrufsbelehrung kann sich die Beklagte nicht berufen, weil sie gegenüber dem Muster erhebliche Änderungen vorgenommen hat.“

Das Darlehen ist somit vollständig rückabzuwickeln, was dazu führt, dass sämtliche gegenseitigen Zahlungen erstattet werden und (beide Vertragspartner) eine Nutzungsentschädigung zu zahlen haben. Unter Beachtung der vom Darlehensnehmer bereits erbrachten Zinszahlungen erhält dieser somit von der Bank oder Sparkasse eine Nutzungsentschädigung von 2,5% bis 5% über Basiszins auf die von ihm gezahlten Raten.

Dabei wurde in beiden Entscheidungen seitens des BGH nochmals zusätzlich deutlich gemacht, das trotz einer langen Darlehensdauer oder gar einer Jahre vor dem eigentlichen Widerruf stattgefunden Ablösung des Darlehens nicht ohne Weiteres von einer Verwirkung des Widerrufsrechts oder rechtsmissbräuchlichen Ausübung durch den Darlehensnehmer ausgegangen werden darf.

Somit hat der BGH sich klar und sehr eindeutig gegen die in letzter Zeit immer mehr aufkommende Meinung verschiedener Gerichte gestellt, die (trotz fehlerhafter Widerrufsbelehrung) einen möglichen Widerruf wegen Rechtsmissbrauch oder Verwirkung abgelehnt hatten.

Die Entscheidungen des BGH stärken somit nicht nur die Position der Verbraucher in laufenden (gerichtlichen) Widerrufsverfahren, sondern können evtl. sogar zum Anlass genommen werden, einen durch die Bank bereits auch vor längerer Zeit abgelehnten Widerruf wieder aufzugreifen und weiter zu verfolgen. Hierbei ist aufgrund der nunmehr eindeutigen Aussage des BGH damit zu rechnen, dass sich die Haltung einiger Banken und Sparkassen (sowie einiger Gerichte) zugunsten der Verbraucher ändern wird.