Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen- Bremen hat mit Urteil vom 25.04.2018 (Az.: L 7 AS 167/16) festgestellt, an ein unter Freunden oder im Familienkreis gewährtes Darlehen seien trotzdem die Mindestanforderungen zu stellen, wie sonst im Geschäftsverkehr üblich. Insbesondere Darlehenshöhe und Rückzahlungsmodalitäten, sowie der Zeitpunkt des Vertragsschlusses seien darzulegen. In Sachen Gestaltung, vor allem bei Zinsabrede, der Bestellung von Sicherheiten, der Schriftform und der Durchführung des Vereinbarten, sei allerdings nicht zu erwarten, dass die Anforderungen in jedem Punkt denen im Geschäft mit Kreditinstituten üblichen entsprechen. Die Beweislast falle aber hier dem Darlehensnehmer zu: Dieser habe im Zweifel nachzuweisen, dass die Anforderungen an ein Darlehen tatsächlich erfüllt sind und nicht etwa eine verschleierte Schenkung vorliegt.
Familie soll Arbeitslosengeld II für drei Monate zurückzahlen – Kein Darlehen erhalten?
Im vorliegenden Fall hatte das Jobcenter die Bewilligungsentscheidungen für eine Familie, die Arbeitslosengeld II erhielt, für den Zeitraum von drei Monaten nachträglich aufgehoben und die Rückzahlung von insgesamt etwa 4.000 Euro verlangt, da die Familie eine Summe von über 117.000 Euro erhielt. Diese war von fünf Absendern in 39 Teilbeträgen nach Deutschland transferiert, dort von „sieben verschiedenen, miteinander verwandten, verschwägerten oder bekannten Personen in Empfang genommen“ und an den Vater der Familie ausgezahlt worden. Gegen die Entscheidung wandte sich die Familie mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover mit der Begründung, das Geld stamme aus einem Darlehen zweier Freunde. Nachdem das Strafverfahren gegen den Vater wegen des Verdachts auf Geldwäsche mit der Begründung eingestellt wurde, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass es sich bei dem Geld um ein Darlehen handele, urteilte das SG Hannover jedoch im Sinne des beklagten Jobcenters, und wies die Klage ab (Urteil vom 15.12.2015 – S 79 AS 4380/12).
Berufung vor dem Landessozialgericht: Familie will Urteil nicht akzeptieren und klagt weiter
Gegen das Urteil des SG Hannover legte die Familie Berufung vor dem LSG Niedersachsen-Bremen ein und hoffte auf Abänderung des Urteils, um die ca. 4.000 Euro nicht an das Jobcenter zurückzahlen zu müssen. Aber auch hier war ihnen kein Erfolg beschieden: Das LSG wies die Berufung zurück und ließ auch keine Revision zu. In der Begründung hieß es insbesondere, bei der vereinbarten „monatlichen Tilgung von 250,- Euro [ergebe sich] eine Jahrestilgung von 3.000,- Euro. Da mit einer verbesserten wirtschaftlichen Lage nicht gerechnet werden könne, werde das Darlehen erst nach rund 40 Jahren zurückbezahlt sein. Solche Darlehenszeiten seien selbst bei Immobilienkäufen unüblich“. Zudem stellt das LSG klar: „Da nur der ´wertmäßige‘ Zuwachs Einkommen […] darstellt […], stellt ein Darlehen […] kein Einkommen dar“, da es nur zeitweise zugeteilt sei. Allerdings schließt sich das LSG den Ausführungen des SG an und konstatiert, es sei nicht überzeugend, dass sich der Kläger ernsthaften Rückzahlungsforderungen ausgesetzt sehe. Die Nichterweislichkeit gehe hier zudem zu Lasten der Kläger.
LSG stellt fest: Erhaltenes Geld stellt kein Darlehen dar, Familie muss Leistungen zurückzahlen
Die Einwände der Klägerseite, die ausländischen Geldgeber hätten im Laufe des Verfahrens angehört werden müssen, erachtete das LSG für unerheblich. Zudem sei die Familie der Pflicht, den Rückschluss des SG zu widerlegen, bei dem erhaltenen Geld handele es sich zumindest teilweise um eine Schenkung, nicht nachgekommen. Auch sei nicht erklärt worden, warum die angeblich „als ‘Vogelhändler‘ erwerbstätigen Geldgeber in ihren Reisepässen jeweils als Studenten geführt werden“. Ungereimtheiten dieser Art führte das LSG in seiner Urteilsbegründung noch Weitere auf.
Fazit: Beweislast für Darlehen trägt Leistungsempfänger – Juristischer Rat empfehlenswert
Insbesondere Empfänger von Sozialleistungen sollten demnach beim Abschluss von Darlehen im Freundeskreis oder der Familie vorsichtig sein: Nach diesem Urteil sieht sich das Jobcenter im Recht, Leistungsrückzahlungen zu fordern. Begegnet werden kann derartigen Forderungen nur mit dem tatsächlichen Nachweis eines Darlehens, dieser obliegt aber dem Leistungsempfänger. Deshalb: Im Zweifel einen schriftlichen und hinreichend bestimmten Darlehensvertrag schließen und vor Vertragsschluss anwaltlichen Rat einholen.