Gesellschaftsrechtsreform: Unternehmensgründung vereinfachen – Arbeitnehmerechte schützen

Von der EU- Kommission sind laut Pressemitteilung am 25.04.18 Vorschläge erbracht worden, wie mittels einiger neuer Regelungen in Form einer Gesellschaftsrechtsreform das Gesellschaftsrecht des europäischen Binnenmarktes erneuert werden kann und soll. Hauptbestandteile sind die vollständig digitalisierte Unternehmensgründung, die Aushebelung von Kunstkonstrukten zur Steuervermeidung, sowie die Wahrung von Gläubiger- und Aktionärsinteressen. Hinzu kommen noch einige Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmerrechte.

Digitalisierte Unternehmensgründung: Einsparungen von bis zu 84 Mio. Euro jährlich möglich

Sollten Unternehmen aus den neuen Vorschlägen zur Gesellschaftsrechtsreform heraus dazu in der Lage sein, die Gründung einer GmbH oder eine Zweigniederlassung vollständig online und digitalisiert durchzuführen, ergäben sich daraus einige Vorteile. Allein der zeitliche Aspekt ist dabei beachtlich: Etwa doppelt so viel Zeit ist für eine herkömmliche Anmeldung nötig wie für eine Anmeldung via Internet. Aus der ersparten Zeit wie auch aus anderen Vorteilen ergäben sich demnach Einsparungen in einer Höhe bis 84 Mio. Euro für europäische Unternehmen. Zudem, nach dem im Vorschlagspapier vorgesehen „Grundsatz der einmaligen Anlaufstelle“, wäre es für Unternehmen nicht länger nötig, bei verschiedenen Behörden die gleichen Informationen vorzulegen. Trotzdem solle es keine Einbußen bei der Sicherheit geben, so die EU- Kommission.

Vereinheitlichung des europäischen Gesellschaftsrechts: Anpassung nationaler Vorschriften

Ziel der Vorschläge, so die Kommission, sei es in erster Linie, „den Umzug oder die Neuorganisation von Unternehmen im gesamten Binnenmarkt rechtlich einfacher und billiger zu gestalten“. Notwendig gewesen sei die Änderung insbesondere deshalb, da oft in den Mitgliedsstaaten keine eigenen Regelungen vorhanden seien. Die vorhandenen Regelungen weichen zudem stark voneinander ab. Das führe in letzter Konsequenz oftmals zur Gefährdung der Interessen von Gläubigern, Beschäftigten und Minderheitsaktionären. Deshalb soll es Unternehmen vereinfacht werden, eine grenzüberschreitende Umwandlung durchzuführen (d.h. in ein anderes Mitgliedsland der EU umzuziehen) und mittels einer grenzüberschreitenden Spaltung eine bestehende Gesellschaft in zwei oder mehr neue Gesellschaften aufzuteilen. Von der EU- Justiz- und Verbraucherkommissarin Vera Jourova wird noch einmal zusammengefasst: „Europäische Unternehmen werden zu oft daran gehindert, geschäftliche Chancen im Ausland zu suchen. Unser Ziel ist es, das zu ändern und das Gesellschaftsrecht zu modernisieren“.

 Vorbeugung von Betrug: Neue Rechte der nationalen Behörden gegenüber Unternehmen

Demnach sollen die nationalen Behörden in Zukunft dazu berechtigt sein, „untereinander Informationen über Personen, die von Geschäftsführungs- oder Vorstandsfunktionen ausgeschlossen wurden“ auszutauschen. In Fällen von Betrugsverdacht kann zudem eine Präsenz vor Ort von der Behörde eingefordert werden, wie auch „die Beteiligung bestimmter Personen oder Einrichtungen […] am Verfahren“. Auch sollen künftig „künstliche Konstrukte, durch die ungebührliche Steuervorteile erlangt oder gesetzliche oder vertragliche Rechte von Beschäftigten, Gläubigern oder Minderheitsaktionären unterlaufen werden“ durch die neuen Regelungen untersagt und vermieden werden. In einer solchen Situation kann die Behörde dann tätig werden und „das betreffende Vorhaben stoppen“, selbst wenn es sich erst im Planungsstadium befand.

Fazit: Gesellschaftsrechtsreformen bieten Vorteile für Arbeitnehmer und Kapitalgeber

In der Erklärung äußert sich der Erste Kommissionsvizepräsident Timmermans wie folgt: „Im EU- Binnenmarkt haben Unternehmer das Recht, sich frei zu bewegen und zu wachsen. Hierbei muss es aber gerecht zugehen“. Damit werden Sinn und Zweck der Neuregelung der angestrebten Gesellschaftsrechtsreform erfasst: Es handelt sich um eine Öffnung der rechtlichen Freiheit der Unternehmen im Binnenmarkt Europa, allerdings sind daran auch fiskalische und soziale Pflichten im Sinne der steuer- und arbeitsrechtlichen Belange geknüpft.