Grundstückseigentümer: Wegerecht jahrzehntelang geduldet – kein Gewohnheitsrecht

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 24.01.2020 (Az.: V ZR 155/18) entschieden, dass „im Verhältnis einzelner Grundstücksnachbarn ein Wegerecht nicht aufgrund Gewohnheitsrecht … entstehen kann“. Auch dann nicht, wenn der Nachbar die Nutzung jahrzehntelang geduldet wurde. Ein Wegerecht könne außerhalb des Grundbuchs „nur aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung oder als Notwegrecht … bestehen“.

Eigentümerin will den Weg sperren: Nachbarn können nicht mehr zu den eigenen Garagen

Im vorliegenden Fall hatten die Eigentümer „dreier nebeneinander an einer öffentlichen Straße liegenden Grundstücke“ geklagt, weil Ihnen der Weg zu ihren eigenen Garagen verwehrt werden sollte. Die Garagen befinden sich hinter den Häusern und sind von der Straße nicht zu erreichen, sondern lediglich über einen Weg, der zu keinem der drei Grundstücke gehört. Die Neueigentümerin der Grundstücke, auf denen sich der Weg zu den Garagen befindet, hatte den Klägern gegenüber erklärt, dass sie die Nutzung des Weges nicht mehr dulden werde. Sie teilte mit, dass sie den Weg sperren und eine Toranlage bauen lassen werde.

Zunächst Erfolg für Kläger: Nutzung des Weges wurde über Jahrzehnte hinweg geduldet

Die Kläger richteten ihre Klage gegen die Sperrung des Weges: „Eine Nutzung des Weges wurde seit Jahrzehnten durch frühere Eigentümer der Grundstücke und nach dem Eigentumsübergang auf die Beklagte durch diese selbst geduldet“. Vor dem Landgericht (LG) Aachen waren sie mit der Klage zunächst erfolgreich: Die Beklagte wurde „verpflichtet, es zu unterlassen, die Kläger an der Nutzung des Weges zu hindern, insbesondere durch das Anbringen eines Tores mit Schließanlage“ (Urteil v. 11.10.2017 – 11 O 157/17). Auch die Berufung der Beklagten wurde vom OLG zurückgewiesen, womit die Sache vor den BGH ging.

BGH-Urteil zugunsten der Beklagten: Wegerecht entsteht nicht durch Duldung

Der BGH entscheidet zugunsten der Beklagten: „Die Kläger können sich nicht auf Gewohnheitsrecht berufen“. Ob den Klägern ein Notwegrecht zustehe, müsse das Oberlandesgericht erneut  zu prüfen haben. Dieses Notwegerecht werde hier „allerdings schon deshalb ausscheiden, weil die im hinteren Bereich der Grundstücke der Kläger befindlichen Garagen baurechtlich nicht genehmigt und mangels Erschließung auch nicht genehmigungsfähig sind“.

Fazit: Grundstückseigentümer sind nicht durch vorherige Duldung gebunden

Für Grundstückseigentümer, deren Wege im Zuge einer Duldung genutzt werden, bedeutet das Urteil einen entscheiden Schritt: Auch jahrzehntelange Duldung der Nutzung führt nicht zum Wegerecht. Diejenigen, die lediglich aufgrund Duldung private Wege nutzen dürfen, können sich nicht auf ein Wegerecht berufen, wenn die Duldung entzogen wird. Der BGH ist da eindeutig: „In einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn kann ein Wegerecht … nur aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung oder als Notwegrecht … entstehen“. BERND Rechtsanwälte beraten und vertreten Sie gern fachanwaltlich zu allen Fragen rund um das Thema Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht.