Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat mit Urteil vom 01.11.2018 entschieden, der Verkäufer eines Hauses könne sich gegenüber dem Käufer nicht auf einen vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen, wenn er ihm arglistig den Mangel verschwieg (Az.: 9 U 51/17). Dazu müsse er den Mangel kennen, zumindest aber für möglich halten. Der Käufer sei dann berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten und den Kaufpreis zurückzufordern. Der Verkäufer sei verpflichtet, den Käufer auch ohne Nachfrage über bekannte Mängel aufzuklären, wenn der Käufer den Mangel nicht erkennen konnte oder sich höchstens ein Mängelverdacht auftat.
Holzwurm: Verkäufer will nichts von Schädlingen gewusst haben
Im vorliegenden Fall stellte der Käufer eines Hauses nach der Übereignung fest, dass das Gebälk völlig von Pilzen und Holzwürmern zersetzt, das Haus als unbewohnbar einzustufen war. In der Folge begehrte der Käufer und spätere Kläger vom Verkäufer die Rückzahlung des Kaufpreises und Rückübereignung des Hauses. Der Verkäufer wandte dagegen ein, mit dem Kaufvertrag sei auch ein Gewährleistungsausschluss abgeschlossen worden, der Käufer könne sich nicht auf sein Rücktrittsrecht aus dem Kaufvertrag berufen. Vor dem Landgericht (LG) Göttingen, vor dem der Fall zunächst verhandelt wurde (Urteil vom 12.04.2017 – 4 O 209/16), wurde bereits festgestellt: Trotz Bestreiten vonseiten des Verkäufers respektive Beklagten sei es sicher, dass er vom Schädlingsbefall gewusst haben müsse, da die Löcher äußerlich verschlossen und überstrichen worden waren. Allerdings wurden nur diese kosmetischen Maßnahmen vorgenommen, gegen die Schädlinge wurde nichts unternommen. Der Ansicht des LG schloss sich das OLG dann an.
Verkäufer muss nur offensichtlichen Mangel erkennen – Langjährige Beschädigung nicht erkennbar
Der Beklagte führte an, der Kläger hätte den Mangel offensichtlich erkennen können. Deswegen wäre eine Informationspflicht entfallen. Dies lehnte das Gericht ab: Schließlich habe der Kläger, selbst wenn ihm der augenscheinliche Schaden hätte auffallen können, so sei es ihm jedenfalls nicht zuzumuten, zu erkennen, dass das Fachwerk seit über 16 Jahren zersetzt werde. Damit handele es jedenfalls einen Sachmangel, der vom Verkäufer arglistig verschwiegen wurde. Mithin konnte der Verkäufer sich nicht auf seinen Gewährleistungsausschluss stützen, der Käufer konnte damit wirksam zurücktreten. Selbst wenn beim Käufer der Verdacht eines Mangels entstehe, sei der Verkäufer trotzdem verpflichtet, sein konkretes Wissen über den Mangel mitzuteilen
§ 444 BGB – Die Rettung des Käufers
Grundsätzlich ist ein Gewährleistungsrecht, also das Recht eines Käufers, vom Kaufvertrag zurückzutreten oder Mängelbeseitigung zu verlangen, dispositiv. Das bedeutet, im Kaufvertrag kann ein Mängelausschluss wirksam vereinbart werden. Eine Ausnahme macht allerdings §444 BGB: Dieser verwehrt es dem Verkäufer, sich auf einen Mängelausschluss zu berufen, falls er arglistig über die Sache täuschte oder für ihren Zustand garantierte. Hier stellte das Gericht nun die Arglistigkeit fest, weswegen auch der Käufer wirksam zurücktreten konnte.
Fazit: Hauskäufer mit dem Urteil gestärkt – Arglistigkeit auch bei Vermutung
Das Urteil stärkt die Rechte Käufer beim Hauskauf: „Hält der Verkäufer einer gebrauchten Immobilie konkretes Wissen darüber zurück, dass ein Mangel tatsächlich besteht, während für ihn erkennbar dem Käufer aufgrund der Besichtigung sich allenfalls ein Mangelverdacht ergeben konnte, so handelt er arglistig und kann sich auf einen vereinbarten Gewährleistungsausschluss nicht berufen“. Mängel sollten deswegen im notariell zu beurkundenden Kaufvertrag festgehalten werden, damit auf beiden Seiten Klarheit herrscht. Bei allen Fragen rund um das Thema Hauskauf stehen Ihnen die Anwälte der Bernd Rechtsanwalts GmbH gern zur Verfügung.