Kündigung: Arbeitnehmer beim Klauen gefilmt – Überwachung zulässig?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 23.08.2018 (Az.: 2 AZR 133/18) erklärt, Videomaterial einer Überwachungskamera müsse vom Arbeitgeber nicht sofort ausgewertet werden. Vielmehr sei es, sofern die Überwachung rechtmäßig erfolgt sei, dem Arbeitgeber erlaubt, eine Auswertung erst vorzunehmen, wenn sich für ihn dazu ein berechtigter Anlass ergebe. Im Falle einer rechtmäßigen Videoüberwachung stehe auch die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einer gerichtlichen Verwertung der erhobenen personenbezogenen Daten nicht im Wege, so das BAG in seinem Urteil weiter.

Geld aus Zigarettenverkauf eingesteckt: Arbeitnehmerin wird fristlos gekündigt

Nachdem der Betreiber eines Kiosks bei einer Bestandsaufnahme feststellte, dass Schwund bei den Zigaretten herrschte, wertete er die Aufnahmen seiner offen installierten Videokamera im Laden aus, schließlich war diese genau für diesen Zweck installiert worden. Er musste feststellen, dass seine Angestellte an zwei Tagen vereinnahmtes Geld nicht in die Registrierkasse legte, sondern sich selbst einsteckte. Daraufhin kündigte er ihr fristlos. Gegen die Kündigung wehrte sich die Klägerin mit einer Kündigungsschutzklage. Diese wurde vor dem Landesarbeitsgericht (LArbG) Hamm verhandelt (Urteil vom 20.12.2017 – 2 Sa 192/17). Hier bekam die Klägerin Recht, das LArbG führte zur Begründung an, das Videomaterial hätte vom Arbeitgeber früher verwertet werden müssen. Keinesfalls hätte er es so lange aufbewahren dürfen, jetzt dürfe er es nicht mehr verwenden. Gegen dieses Urteil zog der Arbeitgeber vor das BAG.

BAG will nicht abschließend entscheiden: Faktenlage noch unklar

Vor dem BAG bekam der beklagte Arbeitnehmer jedenfalls insoweit Recht, als dass ein Verwertungsverbot wegen der verstrichenen Zeit nicht vorliege. Demnach dürfe der Arbeitgeber das Videomaterial zunächst aufbewahren und auch erst dann auswerten, wenn sich für ihn ein berechtigter Anlass, im vorliegenden Fall das Fehlen der Tabakwaren, ergebe. Allerdings verwies das BAG die Rechtssache zur weiteren Entscheidung an das LArbG zurück, da aus den Akten nicht geklärt werden könne, inwieweit die Überwachung insgesamt rechtmäßig erfolgte. Davon sei es dann letztendlich auch abhängig, ob die Verwertung des Videobandes als Beweismittel im Kündigungsschutzprozess zulässig sei. Ein Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht der Klägerin aus Art. 2 Abs.1 in Verbindung mit Art. 1 Abs.1 Grundgesetz (GG) läge dann nicht vor.

Fazit: Videoaufnahmen können grundsätzlich verwertet werden

Prinzipiell steht zwar noch das endgültige Urteil des LArbG Hamm aus, allerdings hat das BAG mit seiner Rechtsprechung den Arbeitgebern einen Vorteil zugedacht: Das Verwertungsverbot tritt nicht mehr wegen verstrichener Zeit ein. Arbeitgeber müssen also nicht befürchten, einen Verstoß zunächst nicht zu bemerkten und später nicht mehr beweisen zu können. Auch regelmäßiges Sichten der Aufnahmen ist nicht mehr unbedingt nötig. Sobald bei einer Inventur oder ähnlichem ein etwaiges Fehlen von Artikeln bemerkt wird, können Videoaufnahmen noch zum Beweis eingesetzt werden. Wichtig ist nur: Die Kameras müssen auch rechtskonform installiert worden sein, eine rechtswidrige Überwachung unterliegt auch weiterhin dem Verwertungsverbot. Für eine rechtskonforme Videoüberwachung ist es etwa nötig, dass vorher der Betriebsrat zustimmte und die Mitarbeiter informiert wurden. Insbesondere in öffentlichen Räumen, etwa Kaufhäusern, sind Hinweisschilder unerlässlich, die Kunden auf die Aufzeichnung hinweisen. Auch ist die Videoüberwachung in gewissen Räumen, etwa Umkleidekabinen oder WCs rechtswidrig. Grundsätzlich gilt es, die Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) einzuhalten. Bei Fragen stehen Ihnen die Rechtsanwälte der Bernd Rechtsanwalts GmbH gerne zur Verfügung.