Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 19.09.2018 (Az.: VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17) entschieden, eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ist wirksam, selbst wenn die fristlose Kündigung wegen einer Schonfristzahlung unwirksam geworden ist. Der BGH führt hierzu aus, dass „eine hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs zur Beendigung eines Mietverhältnisses nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist führen kann, wenn die durch den Vermieter unter Berufung auf denselben Sachverhalt vorrangig erklärte und zunächst auch wirksame fristlose Kündigung durch eine vom Mieter nach Zugang der Kündigungserklärung vorgenommene Schonfristzahlung nachträglich unwirksam wird“.
Mieter zahlt zur Abwendung der fristlosen Kündigung – Vermieter will ordentlich kündigen
Im vorliegenden Fall vermietete der Kläger Wohnungen in Berlin. Zwei seiner Mieter waren mit der Mietzahlung zwei Monate im Rückstand, woraufhin der Vermieter beiden die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung erklärte. Bei der hilfsweise erklärten Kündigung handelt es sich um einen Kunstgriff der Juristen: Demnach kann sich der Vermieter, sollte die fristlose Kündigung vom Gericht, aus welchen Gründen auch immer, für unwirksam erklärt werden, auf eine ordentliche, das heißt nach den gesetzlichen Vorgaben ergangene, Kündigung berufen. Gegen die fristlose Kündigung wurde hier von den Mietern vor den Amtsgerichten (AG) Pankow-Weißensee bzw. Tempelhof-Kreuzberg Klage eingereicht, zeitgleich wurde eine sogenannte Schonfristzahlung geleistet, mit der die ausstehenden Mietzinsen beglichen wurden. Beide Gerichte erkannten dennoch die ordentliche Kündigung für wirksam, obwohl wegen der Schonfristzahlung die fristlose Kündigung unwirksam geworden war (Urteil 30.03.2017 – 102 C 333/12; Urteil vom 12.06.2017 – 7 C 9/17).
BGH widerspricht Landgericht: Ordentliche Kündigung kann trotz fristloser Kündigung bestehen
Gegen die Entscheidung der AG legten die Beklagten Berufung vor dem Landgericht (LG) Berlin ein: Die hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen seien nicht wirksam, da mit der zunächst wirksamen fristlosen Kündigung das Vertragsverhältnis bereits beendet worden sei. Dass die fristlose Kündigung durch die Schonfristzahlung unwirksam werde, spiele indes keine Rolle. Dieser Ansicht schloss sich das LG an (Urteil vom 13.10.2017 – 66 S 90/17; Urteil vom 15.11.2017 66 S 192/17). Vor dem BGH bekam der Vermieter jetzt jedoch endgültig recht: Die Urteile des LG wurden aufgehoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung erklärender Vermieter erkläre die ordentliche Kündigung nicht nur für den Fall, dass die fristlose Kündigung schon bei Zugang unwirksam sei. Aus objektiver Mietersicht sei zu erwarten, dass der Vermieter auch dann die Rechtsfolgen der ordentlichen Kündigung will, wenn die fristlose Kündigung unwirksam wurde. Das LG habe einen einheitlichen Lebenssachverhalt – Zahlungsverzug, Kündigung und die nachträgliche Befriedigung des Vermieters – künstlich in Einzelteile aufgespalten, dies sei aber nicht zulässig. Demnach gehe die ordentliche Kündigung nicht „ins Leere“ und entfalte vollständig ihre Rechtswirkung, nämlich die Beendigung des Mietverhältnisses zwischen Mietern und Vermieter.
Fazit: Vermieter bekommt Recht – LG muss jetzt Rechtmäßigkeit ordentlicher Kündigung klären
Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen: Mangels erhobener Beweise musste der BGH den Fall an das LG zurückverweisen. Dort muss nun entschieden werden, ob die ordentliche Kündigung überhaupt rechtmäßig erfolgte. Dazu hätte ein Kündigungsgrund vorliegen müssen, der aber möglicherweise in Frage steht, da die Mieter ja nachträglich die Forderungen des Vermieters befriedigten. Jedenfalls Signalwirkung dürfte das Urteil des BGH haben: Vermietern wird es in Zukunft möglich sein, sich im Falle von fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigungen auf dieses Urteil zu berufen. Ob jedoch im Einzelfall überhaupt wirksam fristlos oder ordentlich gekündigt werden kann, ist auf den ersten Blick nicht immer sofort ersichtlich. Sollten Sie Fragen zu dieser Thematik haben, stehen Ihnen die Anwälte der Bernd Rechtsanwalts GmbH gerne zur Verfügung.