Prozesse gegen Lkw-Kartell: Schadensersatz in Milliardenhöhe in Aussicht

Vor dem Landgericht (LG) München I werden die ersten Klagen gegen diverse Lastkraftwagenhersteller verhandelt. Der Vorwurf der Kläger beruht insbesondere darauf, durch Preisabsprachen zwischen den Konzern geschädigt worden zu sein, da sie regelmäßig zu viel gezahlt hätten.    Nach konservativen Berechnungen ergäbe sich ein Schadensersatz von ca. 5.000 bis 8.000 Euro pro gekauften Lkw. Die Hersteller wehren sich gegen den Vorwurf: Die Speditionen hätten die höheren Anschaffungskosten an ihre Kunden weitergegeben, sodass letztendlich keine Schädigung und damit auch kein Schadensersatzanspruch gegen die Hersteller vorläge.

Ausgangspunkt EU-Kommission: Rekord-Buße 3,7 Milliarden Euro

Ursache der anrollenden Klagewelle ist die Entscheidung der EU-Kommission. Diese bewertete die betreffenden Preisabsprachen zwischen den Lkw-Herstellern MAN, Daimler, Volvo/Renault, DAF, Iveco und Scania als illegales Kartell und verhängte Geldbußen in einer rekordverdächtigen Gesamthöhe von über 3,7 Milliarden Euro. Die Firmen räumten die Verstöße gegen geltendes Kartellrecht ein, woraufhin die Käufer der Lkw in diversen Verfahren bundesweit Schadensersatz einzuklagen gedachten. Diese Ansprüche wurden von den Herstellern zunächst nicht anerkannt, allerdings wurden bereits außergerichtliche Vergleiche geschlossen.

LG Hannover stellt Schadensersatzanspruch fest – lässt allerdings die Höhe offen

Bereits Ende 2017 fiel das erste Urteil gegen die Lkw-Hersteller: Das LG Hannover stellte per Urteil fest, dass ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe (Urteil vom 18.12.2017 – 18 O 8/17). Die Stadt Göttingen, Klägerin im Verfahren, hatte 335.000 Euro Schadensersatz zuzüglich 240.000 Euro Zinsen gefordert. Der Anspruch der Stadt ergab sich dabei aus dem Kauf mehrerer Müllfahrzeuge und Lkw im Wert von etwa 2,3 Millionen Euro, die in einem Zeitraum von 2001 und 2010 erworben wurden. Das LG ließ jedoch offen, wie hoch genau der Schadensersatz sei, den die Konzerne zu zahlen hätten. Die Furcht der Hersteller vor einem solchen präzisierenden Urteil ist groß: Bereits mehrfach wurden außergerichtliche Einigungen bekannt.

Größter Kläger BGL – Eine Milliarde Schadensersatz ausstehend

Der größte Kläger der 80 beim LG München I anhängigen Verfahren ist der Bundesverband Güterverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Der BGL vertritt etwa 3.200 Unternehmen, deren 85.000 Lastwagen von Preisabsprachen betroffen sind. Allein im Verfahren BGL gegen die Kartelle sind laut Dirk Engelhardt, Vorsitzender des BGL, 500 Millionen Euro Schadensersatz zu erwarten. Eingerechnet der Zinsen verdoppelt sich diese Summe noch auf bis zu einer Milliarde Euro.

Fazit: Schwerer Schlag für Kartellkonzerne – Ausgang der Verfahren noch nicht ganz klar

Auch wenn der Ausgang der bundesweit eingereichten Klagen zugunsten der Kläger nicht sicher ist: Jedenfalls stellen die bisher gefällten Urteile und Vergleiche einen Schritt in die richtige Richtung dar. Es steht demnach zu hoffen, dass auch in Zukunft die zuständigen Gerichte zugunsten der Kläger entscheiden, um die durch das illegale Kartell entstandenen Schäden zu regulieren.