Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 12.04.2019 (Az.: V ZR 112/18) festgestellt, eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) dürfe nicht durch nachträgliche Öffnungsklauseln mit Mehrheitsbeschluss die Rechte der Eigentümer ohne deren Zustimmung einschränken. Öffnungsklauseln in Teilungserklärungen, die regelmäßig für mehr Flexibilität in besagte Teilungserklärungen eingeflochten werden, seien grundsätzlich zulässig. Jedoch bestünden gewisse „mehrheitsfeste“ Rechte der einzelnen Eigentümer, deren Einschränkung über Mehrheitsbeschluss nicht rechtmäßig sei.
Teilungserklärungen: Öffnungsklauseln rechtmäßig – unter Berücksichtigung der Individualrechte
Wohnungseigentümer, denen im gleichen Wohnkomplex Wohnungen gehören, schließen sich in Gemeinschaften nach dem Wohnungseigentumsgesetz zusammen. In einer von der WEG festgelegten Teilungserklärung, die unter anderem festlegt, welchem Eigentümer welche Eigentumsanteile zukommen, werden regelmäßig auch Regeln und Richtlinien für den Umgang mit Eigentum, insbesondere Verwendungszweck, festgelegt. So hat der BGH etwa festgelegt, dass es grundsätzlich zulässig sei, die kurzfristige Vermietung der Wohnung, etwa über Anbieter wie AirBnB, durch Bestimmung in der Teilungserklärung von vornherein zu verbieten (Urteil vom 15.01.2010 – V ZR 72/09). Allerdings werden, meist zum Zwecke der Flexibilität, sogenannte Öffnungsklauseln in die Teilungserklärungen eingeflochten, die es der Eigentümerversammlung gestattet, mit qualifizierter Mehrheit Änderungen vorzunehmen. Dies sei auch grundsätzlich rechtmäßig, so der BGH. Allerdings gäbe es „unentziehbare und unverzichtbare Individualrechte“, in die die Mehrheit der Eigentümer zu Lasten einer Minderheit nicht eingreifen dürfe. Dazu seien, so der BGH weiter, vor allem die Nutzungsrechte des Wohnungseigentums zu verstehen.
BGH-Urteil: Vermietung über AirBnB stellt per se keine Störung dar
Nach der Entscheidung des BGH steht nun also fest: Mehrheiten der Eigentümer dürfen die Nutzung des Wohneigentums nicht beeinflussen, wenn der Eigentümer nicht zustimmt. Ist also die Nutzung der Wohnung für Kurzzeitvermietung nicht ausdrücklich von vornherein ausgeschlossen, kann die Eigentümerversammlung die Nutzung nicht über eine Öffnungsklausel mit Mehrheitsbeschluss beschneiden. Dabei stellt der BGH weiterhin fest, dass die anderen Eigentümer auch keinen Anspruch wegen Störung ihres Eigentums gegen den „Kurzzeit-Vermieter“ haben: Der Umstand, dass die Bewohner die kurzzeitigen Mieter nicht kennen würden, stelle keine Störung dar, so der 5. Senat des Bundesgerichtshofs. Einzig die Hausordnung müsse eingehalten werden, übermäßige Lärmbelästigung gelte es zu vermeiden.
Fazit: Eigentümer in ihren Indivudialrechten gegen WEG gestärkt
Die einzelnen Eigentümer können sich, dank dieser Entscheidung gegenüber einer WEG behaupten, die nachträglich die Nutzungsrechte der Mieter einschränken will. Dabei wird die WEG jedoch nicht unverhältnismäßig in ihren Rechten beschnitten: Öffnungsklauseln sind weiterhin zulässig, sofern sie nicht in mehrheitsfeste Rechte der Eigentümer eingreifen. Zudem kann eine WEG auch in ihrer Teilungserklärung Regelungen treffen, die von vornherein eine kurzzeitige Nutzung untersagen. Auch nachträglich kann eine solche Regelung noch getroffen werden, dann allerdings nur mit Einwilligung aller Mitglieder der WEG.